Dienstag, 14. Juli 2009

Unser erster Tag in Pusan - und im Monsun...

Zusammengestellt: am 23.09.09
Gehört zum Datum: 14.07.09,
Tag 9.

Am Abend davor haben die Erwachsenen der Familie eine große Waschaktion gestartet. Am Morgen habe ich aus dem Fenster geschaut - es regnet, alles ist grau. Unsere Kleider sind bestimmt nass...
Johanna schlief und schlief. Für sie waren die koreanischen Betten bestimmt gemütlich. Ich habe mir dann etwas Zeit genommen, um mich hier umzuschauen.Die Sachen hingen auf dem Dach. Unser kleines Hotel und die schlichte Seitenstrasse mit den kleinen Geschäften, die wir gestern in der Dunkelheit gesehen haben, müssen bald den großen Häusern weichen... Sie stehen schon jetzt ganz dicht - und die Menschen schauen bestimmt verwundert auf dieses Dach, auf dem nicht nur die Wäscheleinen, sondern auch eine Küche und die Waschküche des Hauses und zwei Reihen Pflanzenkübel mit Chilischoten (???) zu sehen sind...Vom Dach sieht man, dass die Bauten immer höher werden und das kleine Strässchen bald dran glauben muss.
Die Bevölkerung der Stadt Pusan, oder wie man bereits lesen konnte, des Großraums Pusan, klettert über 4 Millionen...
Da links auf dem Dach stand auch ein großer brauner Topf. Erst dachte ich, als ich solche sah, dass dies Blumentöpfe sind. Nein, das sind Töpfe für das eingelegte Gemüse, jede Familie oder Region soll eigene Rezepte haben, darin werden scharfe Vorspeisen eingelegt und aufbewahrt.

Die Großmutter des Hauses hat unsere Wäsche in der Nacht, als es regnete, unter ein kleines dach gehängt - da sah ich unsere Kleider und das zeigte sie mir - sie hörte, dass ich auf dem Dach bin. Einige Sachen konnte man sogar anziehen. Ich habe mich mit Gesten bedankt, sie erlaubte die restlichen sachen noch da lassen - ein sehr großzügiges Angebot, wenn man bedenkt, dass sie gleich die Wäsche für das Hotel waschen muss und dass das Wetter nicht beständig ist.

Im Zimmer ist das Leben wieder voll im Gange. Johanna ist wach und untersucht alle Knöpfe und Schalter... Oh je...
Wir machen uns mit dem Geld vertraut: für 100 € bekamen wir 174000 Won - da muss man erst klar kommen, wieviele Nulls zu welchem Schein gehören - wink in die Ukraine der UdSSR-Trennungszeit :-)
Im Hotel gibt es nur Kaffee zum Frühstück, dafür können wir im Family Mart, wie in Japan, alles Mögliche besorgen, auch die Tische sind da. Für uns ist das in diesem Moment ein Luxus, da wir aus unserem gewohnten bequemen und großzügigen häuslichen Rahmen heraus sind. Es ist der Tag 9 unserer Reise...
Na, was gibt es da auf den Regalen... Alle möglichen Meeresfrüchte, trocken, eingelegt, geschnitten und in eigener Tinte... Wir nehmen uns Trinkjoghurte und kleine abgepackte Milchbrötchen. Die Lebensmittel sind toll, alles schmeckt gut, Johanna bekommt keine Allergie o.Ä. - wie es früher bei unseren anderen Kindern der Fall war.
Nun warteten wir auf Papa, der noch den vergessenen Stadtplan holte. Es ist komisch hier draußen - es ist feucht, sogar nass, unsere Kleidung wird auch feucht, Haare auch, aber es ist auch sehr warm. Ich habe an diesem Tag immer wieder Johannas Arme angefasst, wie das Klima ihr bekommt - eigentlich war sie immer ok. Nur unsere Haare entfalten plötzlich die Naturwellen.
Uns gegenüber stoppt ein Lieferwagen - es werden hübsche gelbe längliche Früchte verkauft, die wir nicht kennen... nach der japanischen Ordnung und penibler Sauberkeit in den Strassen kommen uns die gestrigen Essbuden mit offenem Feuer und dieser Verkauf "von der Ladefläche" etwas seltsam vor.
Nun wollen wir die Stadt sehen. da wir von Zentren bereits müde sind, wollen wir zum Strand - egal, ob das Wetter stimmt oder nicht. In der UBahn stehen freiwillige Rentner, die "gern helfen!"
Auch hier, wie bereits in Japan, beobachten wir, dass es hier kein Problem sein soll, mit einem Rollstuhl die Wege zu meistern - überall gibt es Aufzüge und sogar extra Eingänge in die Wagons.
Ordnung muss sein. Eingestiegen wird dort, wo die Richtungen markiert sind. Deshalb vielleicht hat die alte Dame "ihr" Einsteigen mit dem Regenschirm bereits reserviert? Ja, das war auch so - hier ist es üblich.
Wieder wunderten wir uns, als der Zug fuhr, welche Rolle Mobiltelefone hier spielen. Ältere Menschen saßen und redeten ohne Ende oder pflegten ihre Kalender.
Die Metrostation, die wir ausgesucht haben, war wirklich in der Strandnähe. Bunte Strandkleider zeigten uns den Weg. Den jungen Mann vor uns musste ich einfach knipsen - er hat solch eine tolle abziehbare Tätovierung - man sah kaum, dass es ein Strumpf war ;-)
Nun sitzen wir hier, auf dem Sand... und es ist nicht besonders gemütlich. Es ist feucht, die Urlauber aus zahlreichen Hotels gehen lieber auf der Promenade spazieren - wie in Spanien im Frühjahr.
Es ist wohl möglich, ins Wasser zu gehen. Nur das Japanische Meer ist ganz schön kalt, so wie die Nordsee etwa. Die Strömungen hier sollen ganz besonders ungünstig sein, deshalb darf man ins Wasser nur mit einem ausgeliehenen gelben Schwimmring. Es ist offensichtlich nicht "in" mit Bikini hier zu laufen - die Frauen und die Mädchen haben lange TShirts und Schorts.
Wir sehen viele Schulkinder, die noch mit Uniform zum Strand gehen. Hier ist alles etwas lockerer mit der Schuluniform, als in Japan...
Einige Gruppen Mädchen, immer zu viert, kommen zum Strand. Eins der Mädchen trägt ein kleines Fähnchen mit Zeichen (Schule? Klasse?) - das ist hier aber ordentlich!!!
Eine Vierer-Gruppe, etwas älter, auch mit einem Fähnchen, sprach uns an. Sie sprachen Englich gar nicht so schlecht, obwohl ich in dieser Stufe bereits mehr erwartet hätte. Sie sagten uns, dass alle Schüler zum Strand gehen wollen, da die Ferien anfangen und alle endlich frei sind! Ganze 4 Wochen! Es wird hier bald nicht mehr so leer sein! Na ja, dachten wir, bei einem solchen Wetter... viel Spaß! Die Mädchen standen lange neben uns und wollten mit Johanna sprechen und sich fotografieren lassen. Zu unserem Staunen war Johanna immer wieder bereit, schön in die Kamera zu schauen, zu winken oder zu lächeln.
Die Mädchen verabschiedeten sich. Wir saßen und sprachen darüber, dass wir hier in Korea in wenigen Stunden mehr Kontakte hatten, als in der ganzen Zeit in Japan.
Die Mädchen sagten uns, dass sie Kinder mögen. Das sagte uns die nette koreanische Verkäuferin aus dem japanischen Delikatessenladen. Immer wieder sehen wir Familien und ältere Menschen, die sich mit Hingabe um die Kleinen kümmern.
Ein Großvater neben uns schaut wohlwollend zu Johanna, die jetzt gerade, in dieser Sekunde, brav ist und im Sand spielt, und etwas missbilligend zu seiner Schwiegertochter, die gerade einen Wutanfall ihrer Tochter geduldig erträgt... Also Liebe, aber mit Grenzen...

Maria traute sich, ins Wasser zu gehen und sich von den Wellen nass spritzen zu lassen. Umziehen konnte man sich nirgendswo.
Johanna spielte lieber im Sand. Sie saß ein Stück weiter von uns. Endlich war sie alleine, für sich, - das konnten wir gut nachvollziehen. In den letzten 9 Tagen hat jeder von uns sein "altes" Privatleben aufgegeben, 24 Stunden nur zusammen, und wir wussten nicht, was alles auf uns noch zukommen wird...
Johanna hat versucht, sich ein Stück von uns zu entfernen, Sie lief auf den Stufen, die den Sand von der Promenade trennten.
Wir saßen auf den Stufen und genossen die Sicherheit, in der Johanna laufen konnte. Ein koreanisches Paar ging vorbei. Sie blieben neben Johanna stehen. Der Mann gab seine Tasche der Frau und ging zu Johanna. Erst wischte er ihr den Sand vom Mund, danach nahm sie auf den Arm und ließ von seiner Frau ein Foto machen - alles mit kurzen prüfenden Blicken in unsere Richtung, ob es uns recht sei...
Wir waren ganz tief berührt. Und überrascht - weil es immer wieder Menschen vorbei gingen, die Johanna angelächelt haben.

Alle hatten Hunger. Wie es schon in Japan war, mussten wir bei der Wahl des Essens ins kalte Wasser springen. Wir hatten keine Erfahrungen mit koreanischer Küche, wir wussten nur, dass Restaurants oft ein-zwei-drei Spezialitäten anbieten, dass diese draußen aufgeschlagen sind - Plakate oder Lichtwerbung,- und dass das Essen oft zum Schluß erst gewürzt wird.
Wir suchten nach einem Raum, in dem auch der Buggy einen Platz bekommen kann. Wir fanden ein Restaurant, das zwar Octopus serviert, aber auch "Chicken" und "Omelett" für uns zubereiten kann... das ist ziemlich alles, was die Kellnerin auf Englisch kennt... Nun brauchen wir noch die Wörter für "nicht scharf" - das erklären wir "mit Händen und Füssen".
So siehr er aus, der "Essraum" - etwas erhöht, die Schuhe müssen unten stehen, die "Stühle " sind sehr, sehr flach... In der Mitte des Tisches ist ein Gaskocher eingelassen, die Essstäbchen sind aus Metall und zum Trinken gibt es eine Flasche aus dem Eisregal... wo auch die Octopusse verweilen...
Unser Omelett mit Frühlingszwiebeln ist fertig, der Kreis wird mit einer Schere in gleiche Vierecke geschnitten - mundgerecht.
Danach kommen viele kleine Schälchen auf den Tisch - die Vorspeisen, alles eingelegte zum Teil scharfe unbekannte Gemüsesorten, schwarze eingelegte Bohnen, eine Art Rettisch, safrangelb, und natürlich die Meeresalgen. Auf das Feuer kommt ein Topf mit Gemüse und Hänchenfleisch - alles sieht sehr dekorativ aus, man kann beim Kochen zuschauen und dann entscheiden, wann es langsam Zeit wäre, zu essen... ich glaube, wir hatten zu lange gewartet...

Alle diese Fotos musste ich unter den genervten Blicken meiner Familie machen - aber jetzt freue ich mich, dass ich diese Bilder habe! Es gibt noch viele Ess-Fotos in meiner Sammlung, aus vielen Ländern - danach haben sie sich langsam gewöhnt :-)
Das Essen war ganz köstlich, mit unbekannten Gewürzen und wirklich nicht scharf.
Wir wussten nicht, ob hier das Trinkgeld etwartet wird. Wir sind zwar in Korea, aber in einer Touristengegend...
Josef nahm die Rechnung, 24000 Won, etwa 13 €, und sagte, er möchte mehr bezahlen. Das Wort "more" hat die Kellnerin versanden, aber auf andere Art: sie meinte, die Rechnung sei uns zu hoch... sie lächelte und schrieb auf dem Zettel: 23 000...
Nein, wir wollten ja nicht weniger!
Na ja, nach einem kurzen "Gespräch" haben wir uns verstanden...

Leider schlief Johanna die ganze Zeit. Ich genoss natürlich das ungestörte Mittagessen, aber der Preis war auch hoch: danach hat man ein hungriges Kind und man muss wieder suchen gehen...
Im Rucksack gab es natürlich einen Joghurt und ein Brötchen, für ein solches verschlafenes Mittagessen ...

Als wir aus dem Restaurant herauskamen, wussten wir, dass wir sofort eine andere Einkehrmöglichkeit suchen müssen - nicht weil Johanna einen Hungerschrei veranstaltete, sondern weil es einfach sehr schwer war, auf den Beinen zu stehen. Der wind wirbelte abgerissenen Plakate bis zu den Dächern, ein Werbungsschild von einer Hauswand fiel gerade herunter... Wenige Menschen auf der Straße suchten Sicherheit...
Wir haben auch nach sicheren Räumen gesucht. Es war leicht - für den Tag hatten wir noch einen Plan "B", es blieb nur, ihn zu realisieren.

Ich berichte weiter...

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