Freitag, 10. Juli 2009

Tokyo, wir wollen dich sehen!

Zusammengestellt am 05.-06. September 2009, gehört zum Datum 08.07.09.

Nun ist es soweit. Bis jetzt haben wir unsere Spaziergänge in Ikebukuro gemacht, in der Nähe des Hotels, heute werden wir einen langen Tag in Tokyo verbringen. Dieser Satz ist vielleicht nicht so ganz richtig formuliert, alles hier ist ja Tokyo. Großraum Tokyo. Die grösste Bevölkerungszahl in der Welt für eine Metropole... Es leben und arbeiten hier mehrere Millionen Menschen auf einem engen Raum, einige Riesenstädte sind zusammengewachsen... Solche Grossstädte wie Yokohama und Kawasaki sehen wir auf dem Stadtplan als Ortsteile angezeigt... Gern würde ich wissen, ob man die Grenzen noch sehen kann...

Und mit diesem Metroplan werden wir heute klar kommen müssen. Wir haben gelesen, dass viele Linien in verschiedenen Händen sind, deshalb sind nicht nur die Farben, sondern auch die Preise, Ticketautomaten etc. zu unterscheiden. Unser Ziel für heute ist u.A. der Senso-ji Tempel. Das ist ein alter buddhistischer Tempel, daneben ist ein schintoistischer Schrein. Über die Religion in Japan haben wir viel gelesen. Der Buddhismus ist dort seit dem 6. Jahrhundert heimisch, der Schintoismus ist um 900 Jahre alt, er hat seine Wurzeln in der vorbuddhistischen Zeit, er ist entstanden als eine Art vorgegebene Staatsreligion, mit dem Kaiser als Oberhaupt. Das sind alles Theorien...
Wir wollten einmal sehen, wie die Menschen zu ihrem Tempel gehen, was sie erwarten, wie sie beten...
Auf diesem Bild aus dem Prospekt sieht man ein Tor, einen langen Gang, die Tempelanlage am Ende und eine kleine grüne Fläche daneben... Wenig Raum bleibt, wenn die Großstadt so dicht dran kommt...Schon beim ersten Umsteigen im Metro mussten wir uns durchfragen. An den Kassenautomaten stand ein junger Mann - mit dem Logo des Linienbetreibers an der Uniform, einem Namensschild... Er bewegte sich... so... wie die Menschen mit einem Extrachromosom... Er hatte auch eins extra...

Er war auf seinem Posten, ganz stolz, und war bereit, uns den richtigen Automaten zu zeigen... aber wir waren offensichtlich auf der falschen Linie... So ging der junge Mann mit Josef nach unten, um die richtige Linie zu suchen oder Hilfe zu holen... Das dauerte... Wir schauten uns im Metro um. Unter den Menschen, die in dezenten Farben grau-schwarz-blau ein übliches Bild darstellten, waren auch Damen mit bunten Kimono, sogar stilecht mit Holzpantoffeln, oder Herren mit karierten Kimono und nackten Beinen... ungewollt blieben unsere Augen an diesen Personen hängen...
Unser Kinderwagen passte nicht durch die Schalter, Josef musste ihn über die Schranken heben...

Endlich. Die "richtige" Linie ist klar, die Tickets müssen noch gekauft werden... Eine nette Mitarbeiterin steht zur Verfügung, sie verbeugt sich bei Begrüßung und lächelt uns freundlichst an.
Alles ist spartanisch, sauber und bedacht. Die Einmaltickets kommen in den gelben Schlitz, die Monatskarten werden auf den weißen Punkt im Kreis gelegt und abgelesen.


Wir stehen vor dem Tor der Tempelanlage. Die Menschenmenge trennt sich: feierlich gestimmte Besucher und einfache Passanten... Eine Gruppe Mädchen - alle haben sich hübsch angezogen - ist total aufgeregt, sogar etwas lauter als "erlaubt", sie lassen sich von fremden fotografieren... das ist heute ein Event für sie... Im Tempel werde ich sie wieder sehen und verstehen, warum eine solche Aufregung da war...
Der lange Gang, den wir auf dem Foto gesehen haben, ist eine... lange... Einkaufshalle. Alles Mögliche, was einem Touristenherz zusagen kann, ist dabei.
Mein Herz schlug höher beim Blick dieser riesigen Physalisblüten. Schade, dass ich nichts davon mitnehmen konnte...
Maria fand die Kimonos wunderschön... aber in Deutschland kann ein solches Kleidungsstück nur in den Tiefen eines Kleiderschranks verschwinden... Auch eine passende Perücke kann man bekommen... sie ist offensichtlich in vielen Stunden Handarbeit entstanden, sie ist sehr fein - kein Karnevalzeug...
Unbekanntes Gebäck - Reisküchlein - hat man mit tollen Maschinen, aber auch mit viel Handarbeit zubereitet, da blieb ich wieder ein Weilchen stehen...
Johanna und Papa üben das laufen an der Hand fleissig weiter - es ist für Johanna ja auch neu, wie das Laufen überhaupt...
Neee, sie ist lieber oben - der Überblick ist wesentlich besser!


Da sind wir schon, beim Tempel. Zum ersten Mal sehen wir DIESE Dächer, ich will unbedingt verstehen, wie sie gebaut sind. Aber die bunten Bemalungen und Balken und viele Fenster lassen alles zu einem Ganzen werden, was man schwer auseinander hält...


Vor dem Tempeleingang versuchen die Menschen, etwas vom reinigenden Rauch in die Hände zu bekommen und "waschen" sich damit.
Den Rest kann ich wohl beschreiben, aber das ist für mich nicht einfach. Im Eingangbereich zum Tempel wurde es laut, sehr laut. Das war Klang des Geldes, das man opfern wollte. Mehrfach duch (extra dafür angefertigte???) Metallplatten der Opferkästen erhöht, dominierte dieser Klang in einer für mich unangenehmen Weise. So ein Klingelbeuten hoch zehn... Werden die Gebete besser erhört? Die Gebete finden hinter einer leichten Wand statt. man kann sich dort sogar anmelden und für besondere Anlässe zusammen mit dem Priester beten. Alle Bewegungen sehen sehr genau/eingeübt aus...und das Geld klingt und klingt weiter...
Die Gruppe Mädchen, die wir am Tor trafen, war da. Jedes ist in etwas Wichtiges vertieft worden. Sie schüttelten davor an einer Art Trommel... Nach einer Weile fiel ein Stäbchen aus der Trommel - mit einer Nummer... Diese Nummer stand auf einer der Schubladen an der Wand -
daraus nahm man sich einen Zettel. Ganz still, jedes für sich, standen die Mädchen lange mit ihren Zetteln... was hatten sie da? Einen Wegweiser für das Leben? Ein Gebet? Eine Prophezeiung?
Unabhängig voneinander dachten Josef und ich an die dritte Variante...


Die kleine grüne Fläche in dem Häusermeer war dieser kleine Zengarten.
Man konnte kaum glauben -sogar mit einem Wasserfall, als ob die laute Stadt in wenigen Metern gar nicht existiert...

Der kleine Weg vor der Brücke hat keinen Anfang und kein Ende, er ist nicht zu betreten...
Johanna schaute den Koikarpfen zu, danach ging sie zum Steingarten.
An dieser Stelle sagte sie plötzlich "Eins!"
Einige Steine ließen wir sie dort an bestimmten Stellen liegen - für Mia und Mirjam.
Leider hatten wir hier keinen, den wir ansprechen konnten. Wir hatten viele Fragen... Sie bleiben vorerst unbeantwortet...

Als wir zurück gehen wollten, haben wir kleine Grüppchen Schulmädchen gesehen - zum ersten mal nehme ich hier die Schuluniform wahr.

Viele Restaurants laden zum Lunch ein. Wir haben noch keinen Hunger, aber eine große Neugier - wie schafft man es, dass man diesen Teller für einen echten nimmt?
...die Panade sieht total echt auch, sogar diese kleinen Krümel auf dem Rand... die Gurkenscheiben... alles Plastik...???

Bewaffnet mit einem guten Metroplan, erreichten wir das Zentrum.
Nun ging es nach Mamas Vorstellung: man setzt sich in einem kleinen Cafe hin, nimmt sich eine Tasse Kaffee und lässt die Stadt auf sich wirken...
Johanna ist eingeschlafen, ein Rad des Kinderwagens steht etwas unsicher auf der Kante der Restaurantterrasse... wir bekommen deshalb vorwurfsvolle Blicke der Passanten.... Ok, wir machen gleich alles richtig!
Wir bestellten uns lieber einen Tee - das passte besser zum Wetter. Auf der Speisekarte sind einige Tagesgerichte und Preise (1 € sind 134 Yen) zu sehen. Wir stellen fest, dass man uns bezüglich der Preise ein falsches Bild vermittelt hat... so schlimm ist hier auch nicht...
Wir sprachen über die Erlebnisse des letzten Abends. Die Zahl der älteren Arbeiter hat bei uns viele Fragezeichen hinterlassen. Wann beginnt hier der Ruhestand? Josef hat im Internet (im Hotelzimmer war ja verfügbar) bereits nachgelesen, wie die Menschen hier zu ihrer Arbeit stehen und wie die Arbeitsmoral hier aussieht... respekt! Und auch von der Altersgrenze, die aber gern überschritten wird, weil es nämlich ein Arbeitnehmermangel geben wird, wenn die Älteren ihre Arbeitsplätze zum aktuellen Zeitpunkt verlassen würden... Ausländische Arbeitskräfte kommen hier nicht infrage.
Ein kleines Fahrzeug parkt am Strassenrand. Eine Schnellieferung... Ein sehr betagter Herr erledingt alles sehr ordentlich - jeder Handgriff sitzt.
Wir wollten uns im Zentrum umschauen. Mal blieb Josef stehen, mal ich, mal die Kinder... Ich stand vor diesem Laden mit Kimonostoffen im Schaufenster. Die "Landschaften" und die "Wolken", alles wunderschöne Muster, sind nicht gemalt und sind keine Applikationen. Sie sind GEWEBT, das ist Seide und ist ganz dünn... Hat man sich schon mal als Weber versucht? dann weiß man WAS das ist....
Diese Streifen /Bänder/ Bögen sollen den Blick jedes Kenners anziehen: der fleissige Weber musste bereits vor dem Anfang der Arbeit das ganze Bild vor den Augen haben, denn auch hier ist nur ein feines, mit kleinen Fehlern sogar, Webmuster zu bewundern...
Zum Mittagessen landet unsere Familie... tja... beim McDo----...
Es wird auch hier so gegessen - jeder für sich, am besten mit dem Gesicht zur Wand, aber wir schaffen es doch, einen kleinen Tisch zu bekommen um uns beim Essen anschauen zu können... In der Ecke am Nachbartisch sitzt ein Japaner. Er schaut uns ab und zu freundlich zu. Ich nehme meine Chance wahr, gehe zu ihm und lasse mir Einiges von dem Bildungssystem erklären.
Ich erfahre, dass man mit 3 Jahren eine Vorschule besucht, mit 6 eingeschult wird und 8 Jahre Pflicht hat, die Schule zu besuchen. Danach kann man eine Berufschule besuchen oder weiere 4 Jahre in die Oberschule gehen, danach entweder sofort einen Job suchen oder studieren. Ich fragte so genau, weil wir nicht nur ältere, sondern auch sehr junge Arbeitnehmer gesehen haben, fast Kinder aus unserer Sicht...

Nun blieb Josef wieder stehen... sachlich, ohne große Lautstärke, wird dieser Parksünderfall "bearbeitet" - mit einem Laptop, Fotokamera und Messband...
Die Strasse ist so sauber, dass Johanna barfuss lauft und die Füsse nicht schmutzig werden.

Ein Kaufhaus lud ein, den ganzen Glanz der europäischen Uhrenproduktion zu bewundern. Josef hat aber jemandem - wink! - versprochen, ein Kaufhaus aufzusuchen und die Toilettenräume zu besichtigen - lol...(in einer Reportage vor unserer Abfahrt wurden einige Dinge zu diesem Thema gezeigt). Na gut, her damit!
Die Toilette hat sich nicht von anderen Toilettenräumen unterschieden. Eine "Wunschliste" war leicht zu verstehen und noch leichter zu betätigen. In einigen Jahren wird man hier vielleicht mehr aus diesen Räumen machen, da müssen sie sich mal in Las Vegas umschauen... Die Aussagen aus der Reportage haben sich im Moment nicht bestätigt...


Wir sind auf den zentralen Strassen - die Regierungsgebäude, Ministerien und Verwaltung...
Überrall sind Männer zu sehen, von sehr jung bis sehr alt, alle in farbneutralen Zweiteilern. Das Einzige individuelle sind glänzende Handyanhänger - manche Männer haben süsse pinke Herzchen oder Kitty-Anhänger... Die Bäume, die hier wachsen, sind schön,- sind alle Ginkgo-Bäume.
Wir gehen zu unserem zweiten Ziel - dem Palastgarten. Ich denke, dass wir zu spät sind, aber meine Familie nimmt es nicht ernst.
Wir sind zu spät. Alle Mitarbeiter verlassen den Garten... er bleibt für uns für immer nur als Bild... schade...
Aber jetzt kann endlich Johanna frei laufen. Den ganzen Tag fanden wir keine Bank zum Sitzen. Hier am befestiften Wassergraben gibt es auch keine Bänke, aber man kann mindestens auf einem Mäuerchen sitzen... Pause...
Die Fahrt zurück war lang.

Wir haben beschlossen, dass wir uns ins Hotel ein paar Joghurte holen - das wird unser Abendessen sein. Aber als im kleinen Eckladen vor dem Kühlregal stehe, kann ich an diesem Teller nicht vorbei gehen...
Haben wir viel von Tokyo gesehen? Wenig? Bleibt bei uns ein bestimmtes Bild? Sind wir weiter aufnahmefähig?
Morgen wollen wir ja weiter fahren. Japan, du hast noch einige Überraschungen für uns.

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