Sonntag, 30. August 2009

Reiseerkrankungen und unsere Reiseapotheke...

Unsere Reiseapotheke, zerdrückt im Rucksack und zum Teil ganz kaputt, aber wenig benutzt, kam zurück nach Hause... Mit unseren Mitteln konnten wir uns selbst helfen und unsere Mitreisenden oder andere Hotelgäste versorgen.

Da wir in den letzten zwei Tagen sehr oft gefragt wurden, wie es uns gesundheitlich ging, kann ich darüber berichten - vielleicht kann das eine oder andere Mutter interessieren...

Ein langes Gespräch mit unserem Apotheker und unzählige Male des Nachdenkens, wenn ich gerade tief in der Vorbereitung war, hatten ein Ergebnis - unsere Reiseapotheke, die uns eine unabhängige Behandlung in kleinen Fällen ermöglichte. Wir mussten insgesamt 8 Mal verschiedene Grenzen überqueren, die Meldungen über die Schweinegrippe hörte man aus jeder Nachrichtensendung. Aber das war irgendwie nicht das ganz Wichtigste - es standen uns verschiedene Wasserqualitäten, Kochkünste, Speisekarten, Gewürze bevor, eine andere klimatische Situation und natürlich eine manchmal erschwerte Orientierung in der Fremde.

Über Johanna machte ich mich besonders viel Gedanken. Die Klimaanlagen... das ist das, was wir von Zuhause nicht kennen und so uns nicht vorbereiten können. Wird Johanna dabei mithalten können? Hat sie genug Abhärtung bei uns bekommen? Wer sie länger kennt, weiss, dass sie im Zimmer ohne Heizung schläft, seit Babyzeit mit dem kalten Wasser tagsüber gewaschen wurde und sehr früh mit uns Eis essen durfte. Aber diese Klimaanlagen... Ich, Irina, werde immer wieder krank...

Nun sind wir zu Hause.

Alle fragten nach den typischen Störungen in diesen Regionen - nach Durchfällen. Zum Glück hatten wir sie nicht bekommen. Unser kleiner Reisewasserkocher war doch viel öfter im Einsatz, nachdem wir die Grenze zu Nepal überquert haben. Beim Zähneputzen haben wir für die Kinder abgekochtes Wasser genommen und Johannas Flasche bekam jeden Morgen ein heisses "Bad". Es gab Tage, da haben wir nichts Brauchbares zum Essen gefunden oder hatten keine Kraft mehr, uns wieder auf den Weg zu machen... Dann hatten wir im nächsten Lädchen 12 Kartoffeln besorgt, jeder bekam 3 gekochte Kartoffeln mit etwas Salz, fertig. Johanna und ich konnten sich gut von Bananen ernähren. Diese Frucht ist dort sehr verbreitet, gerade zur Erntezeit bekamen wir ganz frische Früchte vom Baum. Es kann sein, dass manche Babys und Kleinkinder in Nepal und Indien gerade dank Bananen überleben... In Tibet waren oft die Restaurants, die auf unseren Wegen lagen, voller Fliegen und nicht besonders sauber... wir hatten aber nicht viel Auswahl, so suchten wir in der Speisekarte etwas, was uns hoffentlich keine Magenprobleme beschehren würde. Da Johanna immer bei mir mitgegessen hatte, bestellte ich Pommes oder gebratenen Reis, selten gab es eine nicht scharfe Suppe. Die exotischen Speisen, die ich dann auf den Nachbartischen bewundern konnte, blieben für mich nur als Bilder...
Einmal in Lhasa hatten wir - Johanna und ich, danach Maria - eine Sommerviruserkrankung bekommen. Johanna hatte tränende Augen und starken Husten, ich hatte Husten und Halsschmerzen. Mit unseren Mitteln konnten wir uns helfen, am Leichtesten kam Johanna davon, ich hustete und hustete noch lange... Diese 2-3 Tage waren für mich ganz bedrückend, da wir uns in der über 3000 m Höhe befanden, weit weg von den Möglichkeiten, zurück zu fliegen oder zu fahren, und viele Quellen berichteten von den Gefahren einer raschen Lungenentzündung bei Kindern wegen der Höhe etc. Glücklicherweise hat Johanna schnell alles überstanden.

Nun zu der Höhenkrankheit... aus dem "Normalzustand", wenige Meter über dem Meeresspiegel, kommt man nie auf die Idee, je darüber nachzudenken... aber dort, vor der Fahrt nach Lhasa, mussten wir uns Gedanken machen... wir haben uns informiert, was und wann und in welcher Form sich entwickeln kann. Die Vorbeugungsmassnahmen waren - Vitamine, gute gesungheitliche Verfassung, reichhaltiges, aber nicht übermässiges Essen, Müsliriegel, erhöhtes Wasserkonsum, kein Alkohol... es wurde aber auch berichtet, dass es nur vor Ort klar sein kann, WEN die Krankheit treffen wird - oft auch einen gut trainierten Menschen, unabhängig vom Alter oder gesundheitlichen Vorgeschichte... oh-oh, Risiko... Da wir aber den Weg nach Lhasa mit dem Zug machten, hatten wir die Hoffnung, dass wir während der Fahrt bereits uns anpassen können. Das war auch so. Leichte Kopfschmerzen, die man immer wieder mal bekam, konnte man schnell wegbekommen, dadurch dass man einfach, wie beim Fliegen, den Druck in den Ohren ausgeglichen hat. Die Menschen im Zug haben aber viel und unterschiedlich gelitten. Apathische, bleiche Gesichter, Erbrechen, Kopfschmerzen - die ganze Palette war da... Meine zweite Nacht, als die Höhe stieg, war sehr unruhig. Ich teilte mit Johanna meinen Liegeplatz und lauschte ihrem Atem zu. Alles war ruhig, wie immer. Sie hat die Fahrt und die Höhe und alle anderen Effekte super überstanden, sie war immer fröhlich und aktiv und hat mit Appetit gefrühstückt. Am Tag, schön im Zug geschaukelt, schlief sie etwas länger, aber auch im grünen Bereich. Die Fahrt war vorbei, aber jetzt mussten wir uns in 3000 m Höhe bewegen und überleben...

Unsere erste Nacht in Lhasa war für uns vier unruhig. Man hatte das Gefühl, dass die Luft fehlt, man musste tiefer und intensiver einatmen, man hatte Schmerzen in der Brust. Danach ging es immer besser, auch wenn ein Gang nach oben mit der Treppe plötzlich zum Problem wurde... Nach drei Tagen Eingewöhnung, die eingeplant waren, ging es Richtung Westen, zum Endziel Camp Everest und Nepal. Während dieser Fahrt hatten wir oft Kopfschmerzen, ich fühlte mich wie betäubt oder betrunken. An einige Dinge erinnere ich mich nicht, das Gehirn war in diesen Momenten unterversorgt... Wir mussten ganz arg aufpassen, dass wir unsere Sachen nicht vergessen und mussten uns gegenseitig unterstützen. Johanna ging es gut, aber ich merkte, dass sie ungern lief und lieber auf dem Arm blieb und sich immer wieder auf den Boden hingesetzt hat. Nach der Fahrt zum Basislager Everest auf einer unbefestigten Strasse, die die letzen Gehirnzellen so richtig durchschütteln liess, hatte ich, Irina, nun wirklich Feierabend. Ich konnte nur auf den Knien "stehen", in der kurzen Abwesenheit von Josef und Maria musste ich mich auf die Erde neben der sitzenden Johanna hinlegen. Ich war froh, dass einige einheimische Mädchen Interesse an uns hatten und uns Gesellschaft leisteten - und so auf Johanna aufpassten - ich konnte es nicht...

In der Nacht im Basislager, die wir im engen Zelt verbracht haben, ging es mir schlecht. Der Ofen, geheizt mit Yakmist, nahm die Reste des Sauerstoffs aus der Luft, zum Luften war es zu kalt... Immer wieder habe ich dem Johannas Atem gelauscht, für das Andere hatte ich keine Kraft. Am frühen Morgen mussten wir alle aus dem Zelt heraus, so stickig es dort war... Johanna haben wir aus ihren Decken geholt - und siehe da, sie lächelt schon wieder. Von dem Marsch zum letzten erlaubten Punkt auf dem Weg zum Everest berichte ich mit Fotos - da wird man mehr von unserem gesundheitlichen Zustand verstehen.

Insgesamt bewerte ich diese Tage und Nächte dort als schwer, aber nicht so schlimm, wie man manchmal beschrieben bekam. Auch der kleine Computer und Josefs Handy haben es überlebt, obwohl viele warnten, die Geräte würden kaputt gehen...

Zum Ende der Reise hatten wir vier einen argen Eiweissmangel empfunden. Es fehlten bestimmt noch einige wichtige Stoffe und Elemente in unserer Nahrung, was wir bald ausgleichen werden. Während unseres ersten Frühstücks zu Hause konnten wir Johanna nicht stoppen, sie wollte ALLES essen und es schmeckte ihr plötzlich wieder alles...

Wir hoffen, dass wir sonst keine Infektionen und keine weiteren Krankheiten mitgebracht haben und dass Johanna, wie geplant, bald den Kindergarten besuchen kann.

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